SPD-Gliederungen werden Stolpersteinpaten

SPD-Gliederungen werden Stolpersteinpaten

Im Jahr 2003 verlegte Gunter Demnig den ersten Stolperstein in Reinickendorf.  Inzwischen sind es rund 170 Gedenksteine geworden, die vor den letzten Wohnhäusern von Menschen liegen, die von den Nationalsozialisten aus rassischen, politischen oder anderen Gründen verfolgt und ermordet wurden. Es waren jüdische und politische Opfer, Sinti und Roma, Menschen, die Opfer der so genannten „Euthanasie-Programme“  wurden, es waren Homosexuelle, die verfolgt, in KZ deportiert und ermordet wurden.

Die Stolpersteine sollen an die einzelnen Menschen erinnern, nicht in Gestalt eines zentralen Denkmals, sondern in Form einer 10x10 cm  großen Messingplatte auf einem Stein vor der letzten freiwillig gewählten Wohnstätte. Die Opfer verschwanden nicht einfach, sondern sie wurden aus ihrem direkten Lebens- und Wohnumfeld gerissen, oft mit Wissen der Nachbarschaft.

                                         Stolpersteine

Diese Erinnerung soll nicht verblassen, ebenso wenig die Stolpersteine. Deshalb müssen diese ab und zu gereinigt werden. Die Reinickendorfer Arbeitsgruppe Stolpersteine sucht deshalb Paten, die die Steine regelmäßig putzen. Unter den ersten Paten, die sich gemeldet haben, sind Einzel-personen und Ehepaare, Hausgemeinschaften, Schulklassen, eine Wohnungsbaugenossenschaft und auch Vertreter politischer Parteien.

Aus der SPD haben sich bisher zwei Gliederungen gemeldet: Die Abteilung Hermsdorf hat die Patenschaft übernommen für die Stolpersteine für Dr. Ilse Kassel und ihre Tochter Edith. Ilse Kassel war eine jüdische Ärztin, geboren 1902 in Wittenau. Sie praktizierte seit 1930 in der Wachsmuth-straße in Hermsdorf, seit 1929 gehörte sie der SPD Hermsdorf an.  Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft und ihrer politischen Aktivitäten wurde sie verfolgt. Sie entzog sich den Repressionen durch die Flucht zu einer ehemaligen Patientin ins Oderbruch. Das Versteck wurde im Herbst 1943 vermutlich verraten, Ilse Kassel sah für sich und ihre sechsjährige Tochter Edith keinen anderen Ausweg als den gemeinsamen Freitod. Sie starb dabei in der Netze, die Tochter wurde gerettet, aber später in

Auschwitz ermordet.

 Die Patenschaft für die Steine für  zwei homosexuelle Männer hat die AG SPDqueer Reinickendorf übernommen. Herbert Schmeisser wurde 1902 geboren. Er besuchte die Volksschulen in Heiligensee und Tegel. Sein Vater richtete ihm auf seinem Grundstück in der Hennigsdorfer Straße ein Kolonial-warengeschäft ein, das er bis 1936 erfolgreich betrieb. Wegen angeblicher Unzucht wurde er zweimal inhaftiert, nach Verbüßung der zweiten Strafe wurde er in das KZ Sachsenhausen deportiert und starb dort nach den offiziellen Angaben 1941 an Meningitis. Herbert Gürtzig wurde 1897 in Berlin geboren. Nach Schulbesuch begann er eine Banklehre. Es folgte der Wehrdienst als Soldat von 1917 bis Kriegsende . Später wechselten sich in seinem Lebenslauf Zeiten der Tätigkeit als Bankan-gestellter, Schaffner und Gutssekretär ab mit Perioden der Erwerbslosigkeit. Herbert Gürtzig wurde mehrfach wegen § 175 Strafgesetzbuch verurteilt, zuletzt 1939. Zu dieser Zeit wohnte er in der Emmentaler Straße.  Die zweijährige Haftstrafe verbüßte er in einem KZ im Emsland und im Zuchthaus Brandenburg-Görden. Nach Verbüßung der Strafe wurde er 1941 direkt  in das KZ Sachsenhausen deportiert, wo er 1942 offiziell an Herz- und Kreislaufschwäche starb,  wie

„Meningitis“ eine der üblichen Bezeichnung für Todesfälle im KZ, die Folgen der unmenschlichen Haftbedingungen waren.

                    Smola

Alex Smola (AG SPDqueer) mit der Patenschaftsurkunde

Im Rahmen einer kleinen Feierstunde der AG Stolpersteine Reinickendorf am 16. 10. 2017wurde dem Vertreter der SPD Hermsdorf, Christian Oestmann, die Patenschaftsurkunde für die beiden Stolpersteine für Ilse und Edith Kassel überreicht, dem Vertreter der AGqueer, Alex Smola, die Urkunde für die Steine von Herbert Schmeisser und Herbert Gürtzig. Nun liegt es auch an ihnen, das Andenken an diese Opfer des Nationalsozialismus wach zu halten.

Oestmann

Christian Oestmann (SPD Hermsdorf) nach der Unterzeichnung der Patenschaftsurkunde

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